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18.12.2017

25 Jahre Archivgemeinschaft Mölln-Ratzeburg

Dank an Archivar Christian Lopau

Die Frotzeleien zwischen Möllnern und Ratzeburgern, die bei offiziellen Anlässen gerne ausgetauscht werden, täuschen leicht darüber hinweg, dass die Zusammenarbeit beider Städte in vielen Bereichen sehr gut funktioniert. Ein Beispiel ist das Archivwesen. Vor 25 Jahren, am 1. Oktober 1992, trat der Vertrag über die Archivgemeinschaft beider Städte in Kraft, und Stadtarchivar Christian Lopau, der bereits seit 1990 das Stadtarchiv Mölln geleitet hatte, übernahm auch die Leitung des Stadtarchivs Ratzeburg. Die Entscheidung für die Kooperation fiel vor dem Hintergrund des Archivgesetzes des Landes Schleswig-Holstein vom 11. August 1992, das die Einrichtung von Archiven auch für die Kommunen zu einer Pflichtaufgabe machte. Die Archivgemeinschaft ist inzwischen weiter gewachsen. Aus einer Zusammenarbeit mit den Ämtern im Norden des Kreisgebiets (Berkenthin, Breitenfelde, Lauenburgische Seen und Sandesneben-Nusse) ist 2009 die heutige „Archivgemeinschaft Nordkreis Herzogtum Lauenburg“ geworden.

In den vergangen 25 Jahren ist auch im Archivwesen eine Menge passiert. In den ersten Jahren der Zusammenarbeit lag der Schwerpunkt auf der Verzeichnung des umfangreichen Schriftguts und auf der Erstellung der Findbücher. Außerdem konnten die älteren, bis in das 16. Jahrhundert zurückreichenden Bestände zurückgeholt werden, die lange Zeit durch das Kreisarchiv Ratzeburg betreut worden waren. Vor allem im Bereich der historischen Bildungsarbeit und der Öffentlichkeitsarbeit sind zahlreiche Projekte umgesetzt worden. Eine Fülle von Vorträgen, Veranstaltungen und Veröffentlichungen haben dazu beigetragen, allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern die Geschichte der Städte und der Region näher zu bringen. Dabei spielt auch die Zusammenarbeit mit den Schulen vor Ort und die Aus- und Fortbildung der Gästeführer eine wichtige Rolle. Besonderen Anklang finden die geführten Fahrradtouren zu geschichtlichen Themen, wie z. B. die Grenztouren, die gemeinsam mit dem Grenzhus in Schlagsdorf und der Tourist-Information in Ratzeburg entwickelt wurden. Neuestes „Format“ sind die Joggingtouren zu historischen Stätten in und um Ratzeburg, die 2017 zuerst angeboten wurden.

Immer mehr wird auch das Internet für die Präsentation einzelner Archivalien und die Darstellung der Archivarbeit genutzt. Die Jahreschroniken der Stadt, die Reihen „Archivale des Monats“ oder „Alte Ratzeburger“ sind Teil eines digitalen Stadtgedächtnisses. All das trägt dazu bei, dass die lokalen Archive sich zu modernen Dienstleistungseinrichtungen für die Bürgerinnen und Bürger und für ihre Verwaltungen entwickelt haben. Dabei ist gerade für die kleineren kommunalen Archive die Kooperation mit anderen Institutionen aus dem schulischen, kulturellen oder touristischen Bereich von großer Bedeutung. Die Zusammenarbeit im Archivwesen hat sich jedenfalls bewährt, resümiert der Leiter der Archivgemeinschaft Christian Lopau.

Leider gibt die Lage des Stadtarchivs Ratzeburg allerdings derzeit wenig Anlass zum Feiern. Im Dezember 2014 musste das Stadtarchiv Ratzeburg aus seinen bisherigen Räumen an der Demolierung ausziehen. Die zukünftig vorgesehenen Räume in der Ernst-Barlach-Schule sind noch nicht nutzbar. Der Umbau soll im Zuge der Sanierung des gesamten Gebäudes erfolgen – ein Projekt aus dem Programm der Städtebauförderung.. Daher ist der überwiegende Teil der Ratzeburger Archivbestände seit fast drei Jahren in rund 1200 Kartons eingelagert und leider nicht nutzbar.

Eine besondere Herausforderung in der Archivarbeit ist für Stadtarchivar Christian Lopau zudem der digitale Wandel: "Noch spielt Papier die Hauptrolle im Archivwesen. 1,7km Akten werden gegenwärtig in den Magazinen unserer Archivgemeinschaft aufbewahrt. Dies wird sich in Zukunft im Zuge der Digitalisierung jedoch stark verändern, wenn immer mehr Informationen nur noch als elektronische Akten in Dokumentenmanagementsystemen gespeichert werden. Wie diese Datenbestände dauerhaft archiviert werden können, ist nicht wirklich geklärt. Unsere ältesten, papierenen Urkunden im Archivbestand sind nach 700 Jahren noch lesbar. Das ist auch der Maßstab für die elektronischen Daten."

Lopau betont dabei, dass die Arbeit des Archivwesen dabei nicht nur aus historischem Interesse wichtig ist: "Archive tragen maßgeblich zum kollektives Geschichtsbewusstsein und zum Verständnis von historischen Zusammenhängen bei, indem sie diese für alle Bürgerinnen und Bürger zugängig und transparent machen. Sie sind so, gerade im "postfaktischen" Zeitalter von "alternativen Fakten" oder gar "Fake News", eine urdemokratische Quelle von dokumentierten und belegbarem Wissen, das allen gehört und von allen eingesehen werden darf."

„Dass die Archivgemeinschaft im Nordkreis so hervorragend und beispielhaft läuft und die Archivarbeit im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht, ist vor allem das Verdienst von Christian Lopau und dafür sind wir alle sehr dankbar“, darin stimmten die Bürgermeister und Amtsvertreter überein.


1992 - 2017 - 25 Jahre Archivgemeinschaft Mölln-Ratzeburg
(Bericht von Stadtarchivar Christian Lopau)