Archivalien aus dem Stadtarchiv: 'Denkmäler in Ratzeburg'
In diesem Jahr soll sich unsere Rubrik der 'Archivale' mit "Denkmälern in Ratzeburg" beschäftigen. Denkmäler werden errichtet, um Erinnerung wach zu halten, Gedenken zu fördern, bestimmte Personen zu ehren oder historische Ereignisse und Orte besonders hervorzuheben.
Diejenigen, die ein Denkmal errichten und eine Person bzw. ein Ereignis als erinnerungswürdig erachten, heben damit oft auch eine Vorbildfunktion heraus. Da soll etwas im kollektiven Gedächtnis festgehalten werden. In der Regel erfüllen Denkmäler keinen praktischen Zweck. Anders als in einem Museum oder in einer Gedenkstätte wird Geschichte durch Denkmäler nicht erklärt.
Denkmäler haben ihren Platz im öffentlichen Raum und behaupten ihn oft weit über die Epoche hinaus, in der sie errichtet wurden. Sie werden Teil des Stadtbildes und unseres Alltags. Als Relikte früherer historischer und kultureller Gegebenheiten stellen wir sie in der Regel nicht mehr infrage. Erst wenn eine Umsetzung, eine Veränderung oder gar ein Abriss ansteht, werden Denkmäler zum Gegenstand oft hitziger Debatten. Mit einem Blick auf unsere Ratzeburger Denkmäler möchten wir die historischen Kontexte ihrer Aufstellung erläutern und erklären, wofür diese Denkmäler stehen und was wir von ihnen erfahren können.
In dieser Archivale wird das älteste Denkmal in Ratzeburg vorgestellt, der 'Heinrichstein' aus dem 12. Jahrhundert.
Archivale 04/25 - Der Heinrichstein
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Das älteste Denkmal Ratzeburgs, ja der gesamten Region, ist der Heinrichstein am Eingang des Domhofs. Der imposante Granitblock steht auf dem Grundstück Domhof 48, an der Ecke Domhof / Kleine Kreuzstraße. Der Felsblock erinnert an Heinrich von Bad(e)wide, der aus dem Lüneburgischen stammte und 1143 durch Heinrich den Löwen mit der Grafschaft über die Polaben belehnt wurde. Später wurde daraus die Grafschaft Ratzeburg, zu der die Länder Ratzeburg, Boizenburg, Wittenburg, Gadebusch und Boitin gehörten.
Wie Helmold von Bosau in seiner Chronik berichtet, holte Heinrich von Badewide vor allem aus Westfalen Siedler ins Land und trieb die Christianisierung des von ihm beherrschten Gebietes voran. Vermutlich schon kurz nach seinem Tod (um 1164) wurde der Gedenkstein gesetzt, der seine Verdienste würdigt. Der lateinische Text, der in Majuskelschrift in den Stein gemeißelt wurde, lautet in der deutschen Übersetzung:
"Zu Zeiten König Konrads und Herzog Heinrichs von Sachsen kam Graf Heinrich nach Ratzeburg und gab dort als erster dem Christentum eine feste Grundlage. Seine Seele ruhe in Frieden. Amen"
Der Ratzeburger Stadtchronist Louis Hellwig hat sich 1902 in einem Aufsatz "Archiv des Vereins für die Geschichte des Herzogtums Lauenburg" 1902, S. 77-83) näher mit dem Stein und seiner Inschrift befasst. Er geht davon aus, dass der Verteilung der einzelnen Buchstaben ein "vorbedachter Plan und Zeichnung" vorausging. Er liest aus den auf der linken Seite untereinander verlaufenden Buchstaben ein Akrostichon, sieht also in den Anfangsbuchstaben einen neuen Satz.
Hellwig liest daraus: TVRNON.RIP.A.E. = Turnon[is] Rip[ensis] a[rtificium] e[st] oder a[rte] e[xistit], was so viel bedeutet wie "Es ist das Werk des Turno aus Ripen" [Ribe]
Auch wenn wir dieser Überlegung nicht folgen, bleibt das Denkmal ein eindrucksvolles Zeugnis einer weit zurückliegenden Epoche.
Auch im mecklenburgischen Wittenburg gibt es einen Heinrichstein, der seit dem 750-jährigen Stadtjubiläum 1976 an seinen heutigen Standort an der Südseite der Bartholomäuskirche versetzt wurde. Auch dieser Stein zeigt ein lateinisches Kreuz. Die im Oval darüber eingehauene Inschrift lautet: O(biit) EINRICH COMES ORATE P(ro) EO – übersetzt: "Es starb Graf Heinrich. Betet für ihn". Nicht geklärt ist die Frage, an welchen Grafen Heinrich das Wittenburger Denkmal erinnert.