Archivale 07/2024 - "War hier nicht früher mal ... die Stadtkaserne?"
Dass sich unsere Stadt ebenso wie unser Leben in einem beständigen Wandel befindet, ist fast schon ein Gemeinplatz. Unsere Lebensverhältnisse, Ansprüche und Bedürfnisse ändern sich ständig. Das wirkt sich auch auf unsere unmittelbare Umgebung aus. Wir können das in unserem Lebensumfeld betrachten. Viele Veränderungen nehmen wir nach kurzer Zeit gar nicht mehr wahr. Oft erinnern wir uns erst beim Betrachten alter Fotos an Telefonzellen, Parkuhren oder Fernsehantennen auf den Hausdächern. Ach ja, und an der Ecke gab es ja den Bäcker und daneben hat Opa immer seinen Lottoschein abgegeben. Der Wandel zeigt sich nicht nur an den alltäglichen Dingen, er betrifft auch die "großen" Einrichtungen, auch wenn sie noch solide und unverrückbar erscheinen. Betriebe, Behörden und Institutionen fusionieren, brauchen mehr Platz oder werden überflüssig.
Unsere Reihe "Archivale des Monats" wird sich in diesem Jahr mit Firmen, Einrichtungen und Institutionen beschäftigen, die aus dem Stadtbild verschwunden oder an einem ganz anderen Ort neu entstanden sind. Manchmal bleibt dann eine Lücke, manchmal entsteht an gleicher Stelle aber etwas völlig anderes. Nicht immer werden die Bilder- und Textquellen in unserem Archiv erschöpfend Auskunft über das geben können, was früher einmal vorhanden war. Darum bitten wir alle, die noch historische Dokumente zu unseren Themen haben oder Erinnerungen beisteuern mögen, um ihre Unterstützung.
Archivale 07/2024 - "War hier nicht früher mal ... die Stadtkaserne?"
Vereinfachter Text >>
Ratzeburg kann auf eine lange Geschichte als Garnison zurückblicken. Die Anfänge der Stadt gehen schließlich auf eine Burg zurück, und im späten 17. Jahrhundert ist die Stadt mit großem Aufwand zu einer Festung ausgebaut worden. So haben die Burgbesatzungen und die Festungstruppen fast beständig zum Leben der Stadt dazugehört. Im Bewusstsein geblieben ist dabei vor allem die Zeit des Lauenburgischen Jägerbataillons Nr. 9, das 1866 aufgestellt wurde. Bis zur vorübergehenden Verlegung des Bataillons nach Hagenau im Elsass (1876-1882) waren die Jäger in Ratzeburg noch in Bürgerquartieren untergebracht. Daneben wurde die ehemalige dänische Kaserne in der Schrangenstraße genutzt, wo u. a. die Büchsenmacherei, das Offiziers-Kasino und die Dienstwohnung des Kommandeurs eingerichtet wurden. Erst bei der Rückkehr im Jahr 1882 waren die Kasernen auf der Insel fertiggestellt.
In Ratzeburg war der größte Teil des Bataillons in der Stadtkaserne an der Herrenstraße untergebracht. Die Stadt hatte „das ehemalige Gouvernementsgebäude und spätere Landratsamt erworben und zum Offizierskasino bezw. Zu Bataillonsbureauräumen ausbauen und dahinter nach dem Ratzenschwanz [Schulstraße] zu einer Kaserne errichten lassen; auch das Nebenhaus wurde dazu hergegeben“. (Chronik der Stadt Ratzeburg, 1929, S. 83)
Die 4. Kompanie des Bataillons mit 102 Mann war auf dem Domhof in der „Domkaserne“, dem späteren „Haus Mecklenburg“ untergebracht. 1909 wurde das Nebenhaus der Stadtkaserne abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, der 1910 bezogen werden konnte, sodass die Domkaserne nicht mehr benötigt wurde. Das Offizierskasino wurde als Jugendstilbau an der Seestraße errichtet (Seestraße 12, später Polizeigebäude).
Mit dem Bau der Kasernen an der Mechower Straße wurde kurz vor dem Ersten Weltkrieg begonnen, nachdem das Bataillon eine Radfahrer- und eine Maschinengewehrkompanie erhalten hatte. Die Stadtkaserne wurde aber auch in den 1920er Jahren weiter vom Militär genutzt. Die Stadt veräußerte die Gebäude 1925 an den Militärfiskus.
Im Sommer 1977 begannen die Abbrucharbeiten an den ehemaligen Kasernenbauten. Am 5. Oktober 1977 wurde der Grundstein für den Neubau der Kreisverwaltung gelegt. Die Einweihung konnte dann im Oktober 1980 gefeiert werden.